Ein Reiter stürmt voran und scheint mit seinem Schwert wild zum Kampf entschlossen. Das Motiv der neuen litauischen Euromünze erinnert an die glorreichen Zeiten des kleinen baltischen Landes, als es, gemeinsam mit Teilen des heutigen Polen, Osteuropa dominierte. Lange währte diese Phase jedoch nicht, denn in den folgenden Jahrhunderten konnte Litauen nur für kurze Zeiten seine Souveränität bewahren.

Die Teilnehmer der traditionellen Studienfahrt der Mittelstandsvereinigung im Kreis Paderborn (MIT)  konnten sich bei ihrem Besuch in der Hauptstadt Vilnius im Rahmen von persönlichen Begegnungen und informativen Besichtigungen hautnah von dieser überaus wechselvollen Geschichte Litauens überzeugen.

So diskutierte Emanuelis Zingeris, Abgeordneter des litauischen Parlaments und Mitglied der Internationalen Kommission für die Aufarbeitung der Verbrechen des Nazi- und des sowjetischen Besatzungsregimes in Litauen, mit den Mittelständlern im Jüdischen Museum das Schicksal der litauischen Juden im Holocaust. Die Auswirkungen der Ukraine-Krise standen im Mittelpunkt eines Gesprächs mit dem ehemaligen litauischen Premierminister Andrius Kubilius. Der jetzige Oppositionsführer wurde Anfang Mai gemeinsam mit dem heimischen Europaabgeordneten Elmar Brok und weiteren ehemaligen Regierungschefs vom ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko in ein Berater-Gremium berufen. Aufgabe dieser Kommission ist die Beratung Poroschenkos bei der Umsetzung von Reformen, die notwendig sind, um die Ukraine aus der Wirtschafts- und Finanzkrise zu führen.

Bei allen Begegnungen wurde aber auch immer wieder deutlich, dass die Euro-Familie mit Litauen zu Beginn des Jahres um einen regelrechten Musterschüler erweitert wurde. Nach einer rigorosen Haushaltssanierung wartet das baltische Land mit einem Defizit von 2,6 Prozent und einem Schuldenanteil an der Jahreswirtschaftsleistung von 39 Prozent Zahlen mit Zahlen auf, von denen viele andere nur träumen können – Deutschland mit seiner Schuldenquote von nur knapp weniger als 80 Prozent eingeschlossen. Vor diesem Hintergrund reiht die Weltbank das drei Millionen Einwohner große Land unter die Top 3 der wirtschaftsstärksten Nationen in Mittel- und Osteuropa ein.
Die soliden Haushaltszahlen täuschen jedoch nicht darüber hinweg, dass Litauen das Vorkrisenniveau noch längst nicht wieder erreicht hat, machten Vertreter der Deutschen Botschaft und der Außenhandelskammer deutlich. So beträgt ein durchschnittliches Monats-Gehalt lediglich ca. 700 Euro, der Mindestlohn liegt bei ca. 300 Euro. Dabei machen sind jedoch zum Beispiel im Winter die Heizkosten immens hoch und machen oft rund die Hälfte des Einkommens aus. Diese hohen Energiepreise sind vor allem der Abhängigkeit von Russland geschuldet. Litauen, Lettland und Estland beziehen ihr Erdgas und ihr Erdöl praktisch zu 100 Prozent von ihrem großen Nachbarn. Litauen will sich deshalb so schnell wie möglich aus dieser Abhängigkeit befreien und baut an einem Flüssiggasterminal in der litauischen Hafenstadt Klaipeda.
Auch die Jugendarbeitslosigkeit ist ein großes Problem, derzeit sind gut 22 Prozent der Litauer zwischen 19 und 25 Jahren arbeitslos. Das Land hat zwar massive Reformen auf den Weg gebracht, dennoch suchen gerade qualifizierte junge Arbeitskräfte ihr Glück häufig im Ausland, wo sie weit mehr verdienen können. Deutsche und litauische Experten arbeiten daher  in den kommenden drei Jahren zusammen, um diese hohe Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. So startete zum Beispiel im April des Jahres unter Leitung der Deutsch-Baltischen Handelskammer in Vilnius das Projekt „Enterprise+“, das litauische Jugendliche auf ihre Talente als Gründer testet und ihnen eine Starthilfe ins Berufsleben bieten soll.

Unternehmer mit Leib und Seele erlebten die Paderborner bei einer Besichtigung des Unternehmens PakMarkas, des größten Anbieters für und modernste Packungs- und Kennzeichnungslösungen im Baltikum. Hier überraschte Mitinhaber Gintaras Kandroška die Gäste mit einem originellen Wandschmuck in den Farben des SC Paderborn 07. „Fangen Sie den Wind – wir verpacken ihn!“ lautet das Firmenmotto von PakMarkas. Entsprechend selbstbewusst und innovativ präsentierte sich das Unternehmen seinen Besuchern.

Für den neugewählten Kreisvorsitzenden Ulrich Lange der Paderborner Mittelstandsvereinigung war es die erste Studienfahrt in dieser Funktion. Den Vertretern aus Wirtschaft und Politik überreichte er zum Dank als Gastgeschenk einen Libori-Pfau aus dem Paderborner Atelier für Goldschmiedekunst Cassau als das „älteste mobile Navigationsgerät“, das bereits im 8. Jahrhundert auf der Strecke Le Mans – Paderborn erfolgreich eingesetzt wurde. Sein abschließender Dank und der aller Mitreisenden galt den beiden Organisatoren, Kreisvorstandsmitglied Dr. Ewald Hügemann und CDU-Kreisgeschäftsführer Hanswalther Lüttgens, die mit Hilfe des Europaabgeordneten Elmar Brok wieder ein abwechslungsreiches und informatives Programm aus Wirtschaft, Politik und Unterhaltung gelungen war.